Dr. Max Flake – der Junge wollte Musiker werden

Hineingeboren in eine Kaufmannsfamilie am 11. April 1935 in Bochum, war Max Flake das vierte von fünf Kindern. Allesamt Jungs, mußten die Geschwister und die Eltern leider früh den Tod des jüngeren Bruders verkraften, und fortan war Max das jüngste Kind.

Bis zur Ausbombung 1943 lebte die Familie im Zentrum der Stadt Bochum im Ruhrgebiet, damals noch geprägt von Kohlebergbau und Stahlwerken. Entsprechend war alles immer grau, mit Staub bedeckt und schmutzig. So war der achtjährig Max fast froh, dass er mit seiner Familie nach der Zerstörung des Elternhauses in einem grünen Vorort direkt im Tal der Ruhr untergebracht wurde.

Durch die Musikerfamilie seines dortigen Spielgefährten und langjährigen Freundes Gerd Abrecht, später bekannter Dirigent – u.a. langjähriger Generalmusikdirekter in Hamburg – erwachte seine lebenslange Liebe zur Musik. Er lernte Konzertgitarre und Viola da Gamba, besuchte erste Konzerte, sang mit Begeisterung im Chor und musizierte im Schulorchester. Auch deshalb machte er auf dem dortigen Gymnasium sein Abitur, obwohl die Familie nach Wiederaufbau des Hauses nach Bochum zurückgezogen war.

Max Vater betrieb einen Lebensmittelgroßhandel, den er nach dem Krieg an mehreren Standorten zu den damals neuen Cash & Carry – Großhandelsmärkten ausbaute. Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft traten zwei der älteren Brüder in die Firma ein. Der Älteste blieb verschollen. Trauer und zugleich Hoffnung prägten über viele Jahre das Leben der Familie.

Nach dem Abitur tagte der „Familienrat“, alles Kaufleute und Manager. Sie fragten den jungen Max nach seinem Studienwunsch. Max antwortete aus tiefster Überzeugung: „Musik und Archäologie“. – Es herrschte betretenes Schweigen. Schließlich sagte ein Onkel, seines Zeichens Direktor des Binnenhafens Duisburg: „Mein Junge, das sind schöne Hobbys, aber Geld verdienen kannst Du damit nicht.

Ich schlage vor, Du studierst Jura. Damit hast Du vielseitige Möglichkeiten – auch im Management.“

Und so wurde es gemacht!  

Max studierte Jura an den Universitäten in Tübingen und in Bonn mit dem Ziel einer späteren Tätigkeit in der Wirtschaft. Obwohl dafür das abschließende Referendarexamen genügt hätte, durchlief er eine dreieinhalbjährige Referendars Ausbildung in verschiedenen juristischen Berufen, die er 1963 mit dem Assessorexamen abschloss.

Zusätzlich promovierte er an der Universität Bonn über ein Thema aus dem Seevölkerrecht.  

Nun stand ihm die juristische Welt offen. Er hätte als Richter, Staatsanwalt, Notar oder Rechtsanwalt tätig werden können.

Doch stattdessen schickte er eine Bewerbung an die damals noch zum Oetker-Imperium gehörende Reederei-Gruppe Hamburg Süd mit dem ausdrücklichen Vermerk: Nicht als Jurist.

Trotz, vielleicht auch wegen dieses für einen promovierten Volljuristen ungewöhnlichen Wunsches fand seine Bewerbung bei der Hamburg Süd echtes Interesse. Man vereinbarte eine Einarbeitung, bei der er alle Abteilungen und alle Nebenfirmen durchlaufen sollte, um dann die passende Stelle für ihn zu finden. Doch wie so oft im Leben, kam es anders: Nach wenigen Monaten bei der Hamburg Süd wurde der Vorstandsvorsitzende Dr. Rolf Kersten auf den jungen Max Flake aufmerksam und machte ihn zu seinem Assistenten. Da im damaligen Organigramm diese Position nicht vorgesehen war, übernahm Max Flake auf Anraten von Dr. Kersten zusätzlich die Leitung der Stabsabteilung „Direktions-Sekretariat u. Rechtsabteilung“.

St. Nikolai

In diese Zeit fielen auch die Stapelläufe der beiden mit über 80.000 tdw ersten deutschen Großtanker. Diese Tanker wurden im Auftrag der Hamburg Süd in Hamburg und Bremen gebaut: Die „St. Nikolai“ 1965 bei Blohm & Voss und die „St. Petri“ 1966 bei der Bremer Werft „AG Weser“.

St. Petri

Gefeiert wurden die Schiffstaufen und Stapelläufe unter Teilnahme prominenter Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft mit eindrucksvollen festlichen Banketten. Entscheidend für diese Neubauten war die Tatsache, dass mit diesen ersten deutschen Großtankern die Versorgung der Bundesrepublik Deutschland mit Rohöl nicht länger ausschließlich von ausländischen Tankern abhängig war. Mit diesem Argument konnten schließlich Politik, Presse und Öffentlichkeit motiviert werden, Druck auf große internationale Ölkonzerne auszuüben, langfristige Charterverträge für diese deutschen Tanker zu schließen, wodurch wiederum die Finanzierung der Neubauten abgesichert war.

Mit Herrn Dr. Rolf Kersten 1966 kurz vor der Abfahrt zur Bremer Werft AG Weser zum Stapellauf des Tanker „St. Petri“. Im Hintergrund die Ruine der Kirche St. Nikolai.
v.li.: N.N., Dr. Rolf Kersten, Herbert Amsinck, Rudolf August Oetker, Max Flake

 

 

 

 

 

 

 

Gästefahrt der „St. Petri“ mit Herrn Deus (später Dt. Bank)
Stapellauf und Gästefahrt der „St. Petri“ mit August Oetker jun.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu den herausragenden Ereignissen während der Tätigkeit bei der Hamburg Süd zählt Max Flake auch seine Wahl zum Mitglied im Juniorenkreis der Handelskammer Hamburg.

Unvergesslicher Höhepunkt waren die fünf Wochen, in denen er Herrn Herbert Amsinck, den letzten Vertreter der Gründerfamilien in der Geschäftsführung der „Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft Eggert und Amsinck“, auf dessen Abschiedsreise zu Geschäftspartnern, Handelskammern und Agenturen der Hamburg Süd in Südamerika begleiten durfte. Verschiedene Häfen in Argentinien, Uruguay und Brasilien waren die Ziele, die Herr Amsinck mit Schiffen der Hamburg Süd anlief. Max Flake hingegen flog zur letzten Vorbereitung des Besuches voraus. Dabei blieb vor Ort noch genügend Zeit, den Angeboten der Niederlassungsleiter oder auch Geschäftspartner zu folgen, ihm Besonderheiten der Stadt und Umgebung zu zeigen.

Ein Hamburg Süd Fahrplan von 1963

Die erst 1961/1962, also kurz vor Beginn der Tätigkeit von Max Flake bei der Hamburg Süd, in Dienst gestellten sechs neu entwickelten Frachter der „Cap San…“ Serie waren der Stolz der Reederei, und zwar nicht nur wegen ihrer zahlreichen technischen Neuerungen, sondern auch wegen ihrer ungewöhnlichen Erscheinung und Eleganz, derentwegen sie auch „Die weißen Schwäne des Atlantik“ genannt wurden.

Als Assistent des Vorstandes „musste“ Max Flake oft offizielle Gäste der Reederei an Bord begleiten, wo man sie mit besten argentinischen Steaks aus den Kühlladeräumen verwöhnte.

Niemand konnte derzeit ahnen, dass diese damals modernsten Stückgutfrachter schon wenige Jahre später aufgrund der Entwicklung zur Containerschifffahrt verschrottet wurden. Zum Glück konnte wenigsten die „Cap San Diego“ im letzten Moment aus Asien nach Hamburg zurückgeführt werden, wo sie von ehemaligen Seeleuten liebevoll instandgesetzt wurde. Jetzt liegt sie als Museumsschiff an den Landungsbrücken.

Nachdem Dr. Kersten die Hamburg Süd verlassen hatte, hielt es auch Max Flake nicht mehr lange dort.

Als er das Angebot bekam, kaufmännischer Geschäftsführer bei der Hamburger Schiffsbergungsfirma Ulrich Harms zu werden, griff er zu.

Aufgrund der Neuentwicklung von seetüchtigen gewaltigen Bergungskränen, „Magnus Kräne“ genannt, war das junge Unternehmen weltweit erfolgreich im Einsatz. Aus dieser insgesamt hoch interessanten Tätigkeit sind Max Flake einige Ereignisse besonders nachhaltig in Erinnerung. Dazu gehören die Besprechungen mit dem traditionsbewussten englischen Bergungsunternehmer Risdon Beazley. Es kam zur Gründung der Schiffsbergungsfirma Risdon Beazley – Ulrich Harms Ltd. in Southampton.

Die Begegnungen mit Sir Risdon Beazley zeichneten sich oft durch ungewöhnliche Rituale aus. So fanden die festlichen – natürlich nach Anweisungen des Butlers – servierten Abendessen in einem ehrwürdigen Speisesaal statt, welcher dem der Universität Cambridge nachempfunden war. Die Wände waren bedeckt mit unzähligen Uhren aller Größen und Stile. Immer wenn diese in allen Tönen erklangen, wurde das Besteck niedergelegt, das Gespräch unterbrochen und andächtig gelauscht.

Zu den besonderen Ereignissen seiner Tätigkeit in der Schiffsbergung zählt Max Flake auch die Verhandlungen in Buenos Aires, die zur Gründung einer Firma unter Beteiligung des argentinischen Staates führten. Einige der Bergungsschlepper und Schwimmkräne wurden überführt und erhielten die argentinische Flagge. Abgesehen von der hoch interessanten fachlichen Thematik hatte Max Flake auch in Buenos Aires in einem Admiral a. D.  einen interessanten Verhandlungspartner, dem sich nicht nur alle Türen öffneten, sondern der außerdem bestens vertraut war mit den sehenswerten Besonderheiten dieser aufregenden Stadt, wie u.a. den stimmungsvollen alten Lokalen, in denen einst der Tango geboren wurde und noch heute Paare jeden Alters voller Hingabe den ursprünglichen Tango tanzen.

Ende 1970 folgte dann der Wechsel in die Selbstständigkeit.

Zur Förderung des Tourismus im damaligen Zonenrandgebiet Harz wurde mit staatlicher Unterstützung in Hahnenklee ein großer Ferienpark gebaut. In 4 Hochhäusern entstanden 815 Apartments mit 4 bis 6 Betten, also insgesamt für rund 3000 Feriengäste. Voraussetzung für die Steuervorteile und staatlichen Zuschüsse war die ausschließlich touristische Nutzung der Apartments. Vermarktung und Betrieb waren natürlich nur als Einheit möglich. Max Flake gründete die Firma „Ferienpark Hahnenklee Dr. Max Flake & Co“ und schloss mit den 250 Eigentümern der 815 Apartments entsprechende Geschäftsführungsverträge ab.

Schnell konnte Max Flake wichtige Touristikunternehmen wie Hummel, Touropa, Twen-Tours, Dr. Tigges, aber auch den ADAC und den dänischen Automobilclub FDM unter Vertrag nehmen, welcher ihm in den folgenden Jahren rund 30 % der Gäste vermittelte. 

Für den Betrieb des Ferienparks stellte Max Flake aufgrund der damaligen Vollbeschäftigung branchenfremde Mitarbeiter*innen ein, was für alle eine Herausforderung war, aber alle bald zu einem leistungsstarken Team zusammenschweißte. Die 35 Mitarbeiter mussten Buchungen für 815 Apartments bewältigen – ohne Computer!, sowie teilweise hunderte von An- und Abreisen an einem Tag. Hausdamen sorgten für reibungslosen Wechsel, Hausmeister für Wartung und Pflege auch der Außenanlagen mit u. a. beheiztem Schwimmbad, Spielplätzen, Grillplätzen, Trimmpfad. Animateure*innen, Bademeister, Kindergärtnerinnen, Restaurant- und Grillimbissleiter, sowie Buchhalter*innen ergänzten das Team. Die Buchhaltung hatte zusätzlich zu ihren üblichen Aufgaben die komplizierte Aufteilung der Ergebnisse auf die Eigentümer vorzunehmen.

1973 gab es eine große 3-Jahresfeier. Zahlreiche Mitarbeiter der Vertragspartner waren angereist, der dänische Automobil-Club sogar mit zwei Bussen. Hummel hatte einen Sonderzug zur Feier organisiert. Auf der Lokomotive war ein Banner mit der Aufschrift angebracht: „Der 100.000. Gast im Ferienpark Hahnenklee“. Hummel Geschäftsführer Dr. Klaus Dietmar Kesper ließ es sich nicht nehmen, diesen persönlich vor Ort zu ehren. 

3 Jahre Ferienpark Hahnenklee 1973
Mit dem Dänischen Automobil-Club Chef Kurt Larson 1973

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Prosit mit Harald Dorsche, Hotel Kreuzeck, Hahnenklee

 

Während der Tätigkeit im Harz blieb die Familie in Hamburg wohnen, was für alle nicht einfach war, wobei die zwei Kinder es genossen, ihre Freizeit und insbesondere die Schulferien bei Papa im Ferienpark zu verbringen, zumal sie dort zu jeder Jahreszeit bestes Entertainment hatten.

Im Ferienpark Hahnenklee entwickelte Max Flake die Idee, als Kontrast zu dieser „Bettenburg“ eine individuelle kleine touristische Anlage zu bauen, und zwar auf Korsika, der „Île de Beauté„.

Gemeinsam mit zwei korsischen Freunden machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Gelände, welches schließlich an der Nordwestküste der Insel mit Blick auf den Hafen einer kleinen Stadt gefunden und gekauft wurde. Dort sollten nun im Stil eines landestypischen alten Bergdorfes 36 großzügige Apartments für Touristen errichtet werden. Als schließlich die Vorbereitungen bis hin zu detaillierten Planungen der Architekten und Vorverträgen mit Reiseveranstaltern abgeschlossen waren, musste Max Flake unmittelbar vor Baubeginn aus persönlichen Gründen aus dem Projekt aussteigen.

1978 gab Max Flake seine Tätigkeit im Harz auf und kehrte nach Hamburg zurück. 

In Hamburg wurde er bei der Autovermietung interRent „Regional Manager Nordeuropa“, zuständig für die Länder Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Island.

In diesen Ländern hatte er die Aufgaben, die Lizenznehmer mit der geltenden Geschäftspolitik und der Corporate Identity zu koordinieren und insbesondere bei wichtigen Kunden zu unterstützen. InterRent war eine Tochter der Volkswagen AG und damals die größte deutsche Autovermietung.

Bericht in einer dänischen Zeitung Über Max Flake und seine interRent Geschäftspartner Familie Østergaard.
Sales and Operations Manager Meeting in Hamburg, links die finnischen Kollegen

 

 

 

 

 

 

 

 

Durch die damit verbundenen regelmäßigen Aufenthalte bei seinen Geschäftspartnern und insbesondere durch die Fahrten zu deren Niederlassungen lernte er die unberührte landschaftliche Schönheit der nordischen Länder kennen. Unvergesslich bleiben die einzigartige Natur Island, Offroadfahrten ins Landesinnere, Geysire, Schwefel- und Lavafelder, Mondlandschaften, Wasserfälle, einsame Gehöfte, Herden von Schafen und Islandpferden, vor allem aber die Flüge über Vulkane und Gletscher in kleinen Privatmaschinen.    

Am Polarkreis in Rovaniemi, Finnland mit dem interRent Partner Ossi Dahlström 1980.
300 km nördlich von Rovaniemi mit Ossi Dahlström bei -43°C

 

 

 

 

 

 

 

Gewöhnungsbedürftig in Finnland waren Geschäftsbesprechungen in der Sauna mit anschließender Abkühlung im Eisloch. Angenehmer waren dagegen die Sonnenwendfeiern in Rovaniemi am finnischen Polarkreis. Hunderte von Menschen kamen aus den Weiten Lapplands im Saal eines alten Hotels zusammen, um bei Renntierfleisch und viel Wodka darauf zu warten, dass die Sonne, statt unterzugehen, den Fluss entlang zu rollen schien, um direkt wieder aufzusteigen. Die Nacht wurde durchgetanzt, und zwar in strenger Folge: immer ein wilder Polka ähnlicher Tanz und ein erotischer Tango, Wange an Wange geschmiegt.

interRent General Managers Meeting auf Teneriffa 1981 mit Ossi Dahlström aus Finnland und Grete Østergaard aus Dänemark
interRent General Managers Meeting in Athen 1983 mit Grete Østergaard aus Dänemark.

 

 

 

 

 

 

 

1985 endete die Zusammenarbeit mit interRent.

Dr. Max Flake ließ sich in Hamburg als Rechtsanwalt nieder. 

Seine Schwerpunkte waren Reiserecht, Vertragsrecht und Arbeitsrecht. Hier konnte er nun seine vielfältigen Erfahrungen einbringen.

Bald erhielt er auch die Zulassung zum Hanseatischen Oberlandesgericht.  

Nach einigen gesundheitlichen Herausforderungen ging Max Flake 2001 in Rente.

Heute geht Max Flake seinem Interesse an romanischer Architektur nach und unternimmt kleine Reisen zu herausragenden Kirchen des Mittelalters.

Seine Leidenschaft gilt aber nach wie vor der Musik. Regelmäßig nutzt er das reiche Angebot der Musikstadt Hamburg, nicht nur in den renommierten Konzerthäusern und Kirchen, sondern besonders auch in der Hochschule für Musik und Theater.

Zu Skal kam Dr. Max Flake 1975 während seiner Tätigkeit in Hahnenklee. Auf Drängen von Dr. Kesper, Hummelreisen, sollte er Mitglied werden im Skal Club Hannover.

Er entschied sich aber für den Skal Club Hamburg. Als Bürgen hatte er die inzwischen verstorbenen Skal Mitglieder Herrn Bruhn vom Reisebüro Bruhn und Herrn Carstens von Hapag Lloyd.